Was der Unterschied zwischen Frauen und Männern ist? Wie viele Bücher sind darüber wohl schon geschrieben worden? Ich nutze die Gelegenheit, eine weitere These in die Diskussion zu werfen. Dazu überspringen wir die Aspekte der primären und sekundären Geschlechtsmerkmale.

Nach vielen Jahren in einem gemischten Chor lernt man die noch wenig erforschten tertiären Ge­schlechts­merkmale kennen. Diese machen sich nicht nur auf der emotionalen Ebene, sondern auch im kognitiven Bereich bemerkbar.

Es fällt auf, dass Männer ungleich länger brauchen, um ihre schon stark verkürzten Textpassagen ohne Notenblätter unfallfrei vorzutragen. Ganz zu schweigen von den Liedern, in denen die Männer die Hauptlast des Liedtextes tragen – der Begriff „Last“ trifft die Situation recht gut. Wem letztend­lich mehr Angstschweiß auf der Stirn steht, wenn die kritischen Passagen drohen, ob es die Männer­stim­men selbst sind oder die mitleidenden Frauenstimmen oder eher der sich verantwortlich fühlende Diri­gent, ist noch nicht abschließend erforscht.
Warum es dennoch großartige Sänger im Showbusiness gibt, die in ausverkauften Hallen ihre Kon­zerte ohne erkennbare Texthänger über die Bühne bringen? Keine Ahnung. Vielleicht werden die Texte in riesigen Buch­staben auf die rückwärtige Hallenwand projiziert. Bei einem nächsten Konzert­besuch werde ich mich wohl mal umdrehen.

(Anm.: Als Neil Diamond vor kurzem in der SAP-Arena aufgetreten ist, waren nachweislich keine Text­hilfen an der Rückwand zu sehen. Aber der Kerl ist ja auch schon 77; da hat er nun wirklich genug Zeit gehabt, sei­ne Texte zu lernen.)